Geschichte bis 1989 - Tomburger Ritterbund e.V.

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Geschichte der Mühle bis 1989

In einer Festschrift zu unserem 10-jährigen Jubiläum auf der Ruitscher Mühle im Jahr 1999 ist die Geschichte der Ruitscher Mühlen recht ausführlich beschrieben. Ihr habt richtig gelesen „Mühlen“. Es gab nämlich im Laufe der Geschichte mehrere: die Mühle am Ruitscher Bach, die Ruitscher Mühle und die sogenannte Flöcksmühle. Die Darstellung dieser drei Mühlen wird nachfolgend im Originaltext wiedergegeben. Sie wurde ursprünglich verfasst von Dr. Florian Speer (†), unserem damaligen Kassenwart, einem promovierten Historiker. Der Einfachheit halber haben wir hier allerdings die Quellennachweise, die im Original enthalten sind, weggelassen. Dem Ursprungsjahr entsprechend wurde alte Rechtschreibung verwendet und hier beibehalten. Rechtschreibfehler wurden hingegen korrigiert.

Mühle am Ruitscher Bach

„Unsere“ Mühle ist tatsächlich nicht die erste an dieser Stelle. Etwas oberhalb, am Ruitscher Bach gelegen, befand sich die eigentliche und ursprüngliche „Ruitscher Mühle“, heute noch durch die spärlichen im Wald aufragenden Mauerreste zu erkennen. Um aber diese Mühle am Ruitscher Bach betreiben zu können, wurde der Bach hinter dem Dorf aus seinem ursprünglichen Bett abgeleitet und durch eine Rinne oder Graben am Hang entlang auf die Mühle zugeführt, damit eine entsprechende Fallhöhe für das Wasser gewonnen werden konnte. Heute verläuft der Bach wieder in seinem – vermutlich ursprünglichen – Bett.
Ausschnitt aus Kartenaufnahme der Rheinlande durch Tranchot und von Müffling 1803-1820, zu sehen ist die als Ruitscher Mühle bezeichnete Mühle am Ruitscher Bach, damals offenbar bestehend aus drei Häusern (Quelle: geoportal.rlp.de)
Wenn man sich nun wundert, warum die Mühle nicht direkt an die Nette gesetzt wurde, die doch um so vieles mehr an Wasserkraft zu bieten hat, dann liegt es daran, daß in früheren Zeiten Wassermühlen grundsätzlich eher an kleineren Gewässern errichtet wurden, als an größeren. In früheren Zeiten war die Arbeitskraft billig, Rohstoffe waren aber sehr teuer. Ein relativ kompliziertes technisches Gebilde wie eine Mühle durfte nicht dem Hochwasser ausgesetzt werden; der Verlust einer Mühle hätte zum Ruin des Betreibers geführt. Solange man nicht die technischen Möglichkeiten zur Vorsorge bei Hochwasser besaß, nahm man lieber wenig ergiebige Bäche in Kauf, um sich dadurch vor den Unbilden der Natur zu schützen. Wenn auch die Mühle am Ruitscher Bach vor jeglicher Hochwassergefahr gefeit war, besaß sie doch mit dem kleinen Bach den entscheidenden Nachteil, daß sie in manchen Jahren während der heißen Sommermonate nicht betrieben werden konnte, da das Wasser fehlte.

Eigentümer der Mühle oder besser des Grundes, auf dem die Mühle errichtet war, war der Trierer Erzbischof. Neben seiner Eigenschaft als Grundbesitzer – hier verpachtete er das Gelände – war er darüber hinaus als Landesherr zuständig, die Gewässernutzung gegen eine entsprechende Abgabe zu gestatten, - oder zu versagen. In der Zeit der Trierer Erzbischöfe wurde eine Akte für diese Mühle angelegt, in der das erste Dokument aus dem Jahre 1529 stammt. Daß damals tatsächlich schon die Mühle am Ruitscher Bach bestand, kann zwar vermutet werden, bewiesen ist das aber nicht. Das erwähnte Dokument aus dem Jahr 1529 handelt von einer Grün- oder Weidewiese an der Nette, die die Eheleute Hans und Sophia von Solingen für 24 Jahre von der Erzbischöflichen Verwaltung pachteten. Hans – oder besser Johann – von Solingen war Einwohner in Polch und wird auch in einer Liste der Polcher Gerichtsleute für die Jahre 1527/28 genannt. Obwohl die Mühle in diesem Dokument nicht genannt ist, bleibt die Frage offen, warum sich die Eheleute von Solingen sonst wohl um eine Wiese bemühten, die so weit ab von Polch gelegen war. Sinn macht das nur, wenn sie dort auch andere Interessen verfolgt hätten, wie z.B. den Betrieb einer Mühle. Darüber hinaus ist das Vorhandensein dieses Verpachtungsdokuments in der Mühlenakte ein Indiz für die Existenz der Mühle schon zu dieser Zeit. Weiter verrät dieses Dokument, daß die Abgaben an die Kellnerei in „Coueren“ zu zahlen waren. Damit scheint der sogenannte Kobernhof gemeint zu sein, das Verwaltungszentrum des Erzbischofs in Polch.

Die gleiche Wiese wurde später, am 28.4.1718, an Matthias Kolligs verpachtet. Ob Matthias Kolligs auch Pächter der Mühle in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war, bleibt dahingestellt. Selbst die Person ist bislang nicht eindeutig zu bestimmen, denn der Name war zu jener Zeit in der Polcher Gegend mehrfach vorhanden. Möglicherweise war Matthias ein Sohn jenes Wittwers Georg Kolligs, der für das Jahr 1702 in Ruitsch genannt ist.

Eine erste Nachricht, in der Mühle als Gebäude und Institution wortwörtlich erwähnt wird, stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Mühle war zu diesem Zeitpunkt verfallen, sie hatte bis dahin aber nicht als Getreide-, sondern als Loh- und Ölmühle gedient. Pächter der Wasserrechte war ein Commissarius Schmitz, d.h. ein Beamter. Er hatte bis dahin zwar die Abgaben gezahlt, konnte die Mühle jedoch nicht nutzen. Nun wollte Schmitz, so bat er im Frühsommer 1754, die Mühle wieder herrichten. An die Stelle des Mahlgangs für Gerberlohe wollte er einen Mahlgang für Getreide setzen und versprach dafür, statt der bisherigen Abgabe von 3 Trierer Gulden fortan jährlich 4 Sümmer Korn für die Wassernutzung zu geben. Das konnte allerdings Probleme geben, denn damit wäre er in Konkurrenz zu den sogenannten ‚Bannmühlen‘ geraten, in denen die Bauern verpflichtet waren ihr Korn mahlen zu lassen. Die Behörden des Trierer Erzbischofs genehmigten aus diesem Grund den Umbau der Mühle nur unter der Bedingung, daß Schmitz keinen Konkurrenzbetrieb zu den Bannmühlen anstrebe, sondern ausschließlich für seine privaten Zwecke mahle bzw. nur solches Getreide vermahle, daß er vorher gekauft hatte. Die sonst übliche Lohnmüllerei wurde strikt untersagt. Natürlich wird der Commissarius Schmitz nicht selbst den Mühlenbetrieb geführt haben, sondern ließ diese Arbeit durch einen angestellten Müller oder durch einen Unterpächter verrichten. Demnach handelte Schmitz im Nebenberuf mit Mehl.

Wiederum einige Jahre später, im Jahr 1791, wurde eine Aufstellung aller Güter und Grundstücke angefertigt, die zur Ruitscher Mühle gehörten. Da es seinerzeit noch keine exakten Grundstückskataster mit Flurnummern gab, mußte man die Grundstücke durch Nennung der jeweiligen Nachbargrundstücke näher bezeichnen. Aus diesem Grund läßt sich heute der ehemalige Mühlenbesitz nicht eindeutig beschreiben, wenn man nicht gleichzeitig das ganze umliegende Gelände erforscht. Der Güterspezifikation läßt sich aber entnehmen, daß zur eigentlichen Mühle noch ein Garten, ein Heck und eine Wiese gehörten, rundum mit Grenzsteinen markiert („rundum abgesteinet“). Weiter gehörte ein Obstbaum-Garten dazu, ferner acht verschiedene Wiesenstücke, mehrere als Heck oder Hecken bezeichnete Grundstücke und ein „Wingartstriesch“. Der Ausdruck „Wingartstriesch“ bezeichnet ein Wingarten-Brachland, also ein Stück – vermutlich Hanggelände – auf dem früher Wein angebaut worden war. Unter einer/einem Heck darf man keine ‚Hecke‘ in unserem heutigen Sinne vermuten. Die Bedeutungen des Wortes sind nach Grimm vielfältig. Man muss davon ausgehen, daß hier kleinere Buschwäldchen gemeint waren, aus denen z.B. der Brennholzbedarf gewonnen werden konnte.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, in der Franzosenzeit, fließen die Informationen über die Ruitscher Mühle(n) reichlicher. Zusätzlich konnte auch Fritz Flöck aus Münstermaifeld (Ortsteil Keldung), ein Nachkomme der Familie, die unsere Mühle einst errichtete, vieles dazu berichten. Fritz Flöck, Jahrgang 1907, den wir 1990 deswegen befragten, erzählte uns, daß die Müllerfamilie, die um 1800 die Mühle am Ruitscher Bach betrieb, Simonis gehießen habe. Damals – so Fritz Flöck – habe die Mühle am Ruitscher Bach drei Wasserräder besessen. Eigentlich seien es zwei untereinandergelegene, separate Mühle gewesen – das zeigt übrigens auch eine Karte aus dem Koblenzer Archiv – wobei die obere Mühle als Ölmühle und die untere als Getreidemühle gedient habe. Diese Anlage sei noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts betrieben worden und nach 1861 verfallen. In diese Familie Simonis hatte, so berichtete Fritz Flöck, sein Urgroßvater Johann Flück, der aus Urmitz (nahe Mülheim-Kärlich/Rhein) stammte, eingeheiratet.
Ruine der Mühle am Ruitscher Bach um 1989
Mühle an der Nette

Der junge Müller Johann Flück plante noch zu Zeiten der französischen Verwaltung und mit deren Einwilligung, eine eigene Mühle im Nettetal anzulegen; dazu erwarb Flück Grundstücke im Umfang von rund 20 Morgen Land. Vermutlich wurden die notwendigen Steine für den Bau aus dem benachbarten Burgberg gebrochen. Das Geburtsjahr unserer Mühle war, so schildert er in einer Eingabe an die spätere preußische Regierung das Jahr 1813.

Bereits während er Planung zeigten sich Gegner in Welling und Polch, die versuchten – teils aus berechtigten Gründen, teils aus unberechtigter Feindschaft oder aus Konkurrenzangst heraus – das Mühlenprojekt zu Fall zu bringen. Ein Verfahren vor dem Friedensgericht in Polch endete am 27.8.1812 damit, daß die Einsprüche gegen den geplanten Bau zurückgewiesen wurden. 1813 wurde das Hauptgebäude fertiggestellt. Angetrieben wurde die Mühle einstweilen ausschließlich vom Ruitscher Bach. Aber bereits kurze Zeit später, Anfang 1814, legte Johann Flück den heutigen Mühlengraben und das Wehr in der Nette an [beides heute nicht mehr vorhanden], um den ungleich stärkeren Fluß für seinen Betrieb zu nutzen. Zu diesem Zweck holte er ein Gutachten von der Straßen- und Brückenbauverwaltung ein, die Arbeiten erfolgten unter der Aufsicht eines Ingenieurs Schmitz.
Situationsplan von 1816 (LHAK 702, 14286)

Die Mühle am Ruitscher Bach hatte vier Gebäude. Die heutige Ruitscher Mühle bestand schon und hatte zwei Gebäude. Was in der unteren Bildmitte mit M bezeichnet ist, ist das Wehr mit dem die Nette aufgestaut und teilweise der Mühle bei N zugleitet wurde.
Schon bald erhob sich ein starker Protest, denn ein öffentlicher Weg, der über Ruitsch durch das Nettetal nach Mayen führte und einige Meter parallel dem Flußlauf folgte, war davon betroffen. Durch das Wehr schwoll das Flüßchen bei Regen stark an und überschwemmte den Weg. Die Fuhrleute hatten in solchen Situationen größte Schwierigkeiten ihren Weg zu finden und fuhren daher mit ihren Gespannen kurzerhand über das an dieser Stelle oberhalb gelegene Feld des Bauern Nikolaus Müller aus Ruitsch.

Es klagte ebenfalls ein Steinhauer Koch, der die Durchfahrt durch die Nette – damals gab es keine Brücken sondern nur Furten – nach Errichtung des Wehres für zu gefährlich hielt (anscheinend wurden auf dem linken Netteufer Steine gebrochen). Beschwerde führten auch konkurierende Mahlbetriebe, die um ihre Erlöse bangten, seitdem Flück über erheblich größere Wasserkraft verfügte; selbst der eigene Schwiegervater (oder Schwager), Peter Simonis, zählte nun zu den Gegnern von Johann Flück. Viele angebliche oder echte Geschädigte schlossen sich der Beschwerde an, die darauf zielte, das Wehr, daß zur Ableitung des Wassers in den Mühlgraben notwendig war, zu entfernen. Sprecher der Gegner war der Polcher Bürgermeister Matthias Münch, dessen heftiges Eintreten gegen Flück möglicherweise auch damit zu tun hatte, daß er wiederum der Schwager des wassergeschädigten Bauern Nikolaus Müller aus Ruitsch war. Das Angebot von Jahnn Flück, die betroffenen Grundstücke des Bauern Müller zu kaufen, lehnten die Klageführer ab. Stattdessen drohte der Bürgermeister mit der gewaltsamen Entfernung des Wehres.

Auf Grund einer amtlichen Begutachtung empfahl der Ingenieur Schmitz, das Wehr niedriger zu machen und setzte als Obergrenze eine Höhe von 93 cm über dem normalen Flußlauf fest. Dieser Auffassung schloß sich die Koblenzer Regierung an, wodurch die Probleme weitgehend beseitigt waren.
Ausschnitt aus Preußische Kartenaufnahme 1843-1878: die Mühle am Ruitscher Bach ist mit drei Gebäuden verzeichnet. Die heutige Ruitscher Mühle ist hier als ‚Flicks Mühle‘ benannt und mit zwei Gebäuden dargestellt. (Quelle: geoportal.rlp.de)
Über die weiteren Jahre der Ruitscher Mühle ist für das 19. Jahrhundert nichts überliefert. Glücklicherweise konnten einige Informationen von den Nachkommen jener Familie Schäfer eingeholt werden, die Ende des 19. Jahrhunderts die Ruitscher Mühle übernahm.

– Im übrigen: die Mühle wurde jeweils nach ihren Eigentümern benannt. Zu Zeiten des Johann Flück unterschrieb er seine Briefe an amtliche stellen als „Johann Flück auf der Flöcken-Mühle bei Rietsch“, zu den Zeiten der Familie Schäfer hieß sie „Schäfersmühle bei Ruitsch“. Demzufolge böte sich jetzt natürlich an: „Tomburger-Mühle bei Ruitsch“, oder?

In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts ging es der Ruitscher Mühle anscheinend nicht sehr gut, die Eigentümer wechselten mehrfach. Von seinem Vater Johann, dem Erbauer, übernahm Nikolaus Flück die Mühle.

Die Familie Schäfer hingegen, Müller und Landwirte, übernahm die Mühle 1893/94 bereits nicht mehr von den Angehörigen der Familie Flück, sondern hier war der Vorbesitzer schon ein gewisser Praetorius. Vermutlich aus den 1920er oder 1930er Jahren stammt ein Fragebogen der ‚Landesanstalt für Gewässerkunde‘, auf dem der damalige Müller Philipp Schäfer nähere Einzelheiten über sein Mühle verlauten ließ.

Danach wurde die Mühle sowohl die Wasserkraft des Ruitscher Baches, als auch die der Nette genutzt. Als Antrieb diente ein großes Wasserrad aus Stahl, daß innerhalb der Mühle Stand und sowohl im ober- als auch unterschlächtigen Betrieb arbeitete. Die Nutzbare Wasserhöhe war 6 Meter für oberschlächtigen Betrieb (Ruitscher Bach) und 3 Meter für den unterschlächtigen (Nette). Die Überflußmenge betrug für das Rad pro Sekunde zwischen 90 und 100 Litern Wasser. Bei Hochwasser musste der Mahlbetrieb unter Umständen ruhen. Ersatz, z.B. durch Dampfkraft oder Motor, war nicht vorhanden.

Der Mahlbetrieb wurde weitgehend das ganze Jahr über aufrecht erhalten, in der Regel an 300 Tagen, jeweils zu 12 Arbeitsstunden gerechnet. Eingeschränkter Betrieb mußte auch je nach Witterung im Hochsommer in Kauf genommen werden, das betraf dann meist einen Zeitraum von 30-40 Tagen (Wassermangel).

Die Mühle war, laut den Erzählungen der Familie Schäfer, immer eine ausschließliche Getreidemühle gewesen. Dort, wo heute ein Treppenhaustrakt zwischen das ehemalige Hauptgebäude und das nördliche Nebengebäude gebaut ist, war ursprünglich eine Durchfahrt. Hier mußten die Bauern mit dem Wagen vorfahren; die Säcke mit den Früchten wurden über eine Rolle an der Giebelwand ins Dachgeschoss der Mühle gezogen und von dort in den Mahlgang geschüttet. Das ausgemahlene Mehl wurde an der rechten Türe des Hauptgebäudes in Empfang genommen. Die linke Türe führte in den Wohntrakt. Das Hauptgebäude beherbergte somit den Mühlenbetrieb wie auch die Wohnräume der Müllerfamilie. Die andern Baulichkeiten dienten landwirtschaftlichen Zwecken. Unser heutiges sogenanntes ‚Jungenhaus‘ beherbergte linkerhand der Durchfahrt den Kuhstall, rechts war der sogenannte Futterstall.

In dem sich anschließenden Anbau, der von uns auch heute noch genutzt wird, befand sich ein Fohlen-Laufstall, der der Aufzucht von Oldenburger Fohlen diente. Das Dachgeschoß wurde als Scheune genutzt, ebenso wie das später durch Umbauten entstandene nördliche Gebäude (heute: Gruppenräume).

An der Südseite des Jungenhauses, direkt neben der Einfahrt, schloß sich – die Fundamente sind noch heute zu erkennen – ein Pferdestall an, der über den Mühlgraben gebaut war. Zu spät erkannte die Familie Schäfer diesen Fehler; die aus dem Mühlengraben aufsteigende Feuchtigkeit sorgte für ein häufiges Erkranken der Tiere.

Auf der Wiese hinter dem Hauptgebäude standen verschiedene Schuppen, die heute verschwunden sind: Strohschober, Heuschober und ein Maschinenunterstand.

Westlich, also hinter dem ‚Jungenhaus‘ gelegen, war ein großer Schweinestall (auch Hühnerstall) jüngeren Datums, dazu zwei eingezäunte Gehege mit steinernen Stallgebäuden, eines für die Zucht von Rehen, das andere für Wildschweinzucht.

Aus relativ junger Zeit stammen die steinernen Fischzuchtbecken. Ursprünglich lagen zwei Fischteiche innerhalb des vom Ruitscher Bach umflossenen Gartengeländes; diese Stellen sind noch heute arg sumpfig [Gemeint ist hier der Bereich zwischen Zufahrtsstraße und Jungenhaus, der nach der Renaturierung seine Sumpfigkeit verloren hat].

Auf der Mühle gab es auch eine eigene Stromversorgung, bis durch einen Blitzschlag 1926 die gesamte Elektroanlage zerstört wurde. Jüngeren Datums ist auch der südliche Anbau an das Hauptgebäude, zum Burgberg hin. Dieser Anbau wurde 1924 als sogenannter ‚Altenteil‘ für die Großeltern Schäfer errichtet.

Historische Postkarten aus den 1920er/1930er Jahren, die Nette hat inzwischen ihren Lauf verändert.
Mühlenwehr um 1930
Rinne mit Zulauf des Ruitscher Baches um 1930
Wie alt nun das Andachtshäuschen ist, daß sich rechter Hand neben der Einfahrt befindet, bleibt offen; jedenfalls wurde es in jüngerer Zeit verputzt. Solche Andachtsstätten waren auf Mühlen sehr häufig und hatten ihren Grund u.a. darin, daß durch den steten Mahlbetrieb der Sonntagsgottesdienst häufig nicht besucht werden konnte und damit dem Müller Gelegenheit für eine stille (Ersatz-)Andacht geboten wurde.

Die Mühle blieb in Betrieb bis Anfang der 1960er Jahre. Im Rahmen einer Mühlenstillegungsaktion wurden hohe Prämien für Betriebsstillegung angeboten. Die Stillegung unserer Mühle wurde im März 1960 bewilligt und im Januar 1964 eingetragen. Seit Ablauf einer Sperrfrist, die bis zum 31. Januar 1990 währte, dürfen wir wieder einen Mühlenbetrieb in Gang setzen. Seit den 1960er Jahren wurde nur noch Landwirtschaft auf der Mühle betrieben, anschließend erwarb der Bauunternehmer Ferdinand Still den gesamten Komplex.

Das alte Ehepaar Peter Schäfer erhielt ein lebenslanges Wohnrecht in dem 1924 erbauten Altenteil.
Mühlenanlage um 1950
Hauptgebäude vom Burgberg gesehen um 1950
Still baute die Mühle um und wollte einen Pensionsbetrieb eröffnen. Aus dem nördlichen Neben- oder Scheunengebäude machte er kleine Gästezimmer, selbst eine Heizungsanlage für Ölbetrieb war bereits eingebaut. Das alte Wasserrad ließ er aus der Mühle herausholen und stellte es werbewirksam hinter das Haus auf der Wiese. Gleichzeitig verlängerte er den Zufluß des Ruitscher Baches und leitete ihn über ein dickes Eisenrohr auf das Mühlrad. Dort, wo vorher das Rad im Hauptgebäude gestanden hatte, wurde nun eine Turbine zur Stromgewinnung eingebaut.
Historisches Mühlrad um 1989
Während dieser Umbaumaßnahmen verunglückte Ferdinand Still tödlich. Die Witwe besaß nicht die Kraft, das Werk ihres Mannes fortzuführen. Unter ihren Augen wurde das bisher erbaute gestohlen, zerstört oder verschleppt. Von der Heizung blieben letztlich nur noch der Kessel und ein paar einsame Rohre. Es wird erzählt, daß selbst am hellichten Tag ungerufene Gäste erschienen und damit begannen, das Hofpflaster herauszulösen und fortzuschaffen.
Innenhof um 1960
Am 17. Februar 1979 erwarben die Eheleute Lipinski aus Bergisch Gladbach das Anwesen zum Preis von 250.000 DM. Zu diesem Zeitpunkt waren wenigstens noch Ölheizkessel und Turbine an ihrem Platz.

Als die Tomburger 1989 die Mühle erwarben, war inzwischen alles völlig heruntergekommen.

Das Dach des Stall- und Scheunengebäudes (‚Jungenhaus‘) war eingestürzt, im Dach des Haupthauses klaffte ein riesiges Loch. Hier soll sich – so geht das Gerücht – irgendwann einmal die Ruitscher Dorfjugend ausgetobt und die Beschieferung mutwillig zerstört haben.

Der eindringende Regen weichte die in Lehmfachwerk ausgeführten Zwischenwände und Decken mit der Zeit auf, Teile des Innenausbaus stürzten ein.
Hauptgebäude von vorne im Jahr 1988
Hauptgebäude von hinten im Jahr 1988
Ehemalige Flöcksmühle

Der Namen „Flöcksmühle“ hat sich zwar im Volksmund eingebürgert, aber vorweg sei gesagt: Dieses Gebäude war nie eine Mühle, sondern immer nur ein Gehöft.

Die Geschichte dieses Anwesens beginnt wiederum mit der Mühle am Ruitscher Bach, mit der Einheirat jenes Johann Flück in die Familie Simonis. Fritz Flöck, 1990 im Alter von 83 Jahren dazu befragt, berichtete, daß sein Großvater ein Sohn des Johann Flück war und auf der Ruitscher Mühle geboren wurde. Während der Bruder des Großvaters, Nikolaus Flück oder Flöck, die Ruitscher Mühle bewirtschaftete, bewirtschaftete der Großvater von Fritz Flöck die alte Mühle am Ruitscher Bach, die anscheinend durch Erbfall an Johann Flück gefallen war. Der Vater von Fritz Flöck, Johann Flöck, kam noch auf dieser alten Mühle am Ruitscher Bach zur Welt, um den 9. Januar 1857 herum.

Diese alte Mühle wurde aber bald darauf aufgegeben, denn sie war völlig baufällig geworden. Anscheinend lohnte ein Wiederaufbau wegen der geringen Wassermengen des Ruitscher Baches nicht mehr, darüber hinaus dürfte die Konkurrenz durch den Bruder in der neuen Ruitscher Mühle, der die Wasserkraft der Nette nutzen konnte, zu groß gewesen sein; der Großvater wandte sich ausschließlich der Landwirtschaft zu.

Das Wohnhaus der (fälschlicherweise) so genannten „Flöcksmühle“ wurde 1860, die Scheune 1861 erbaut. Nach dem Umzug in das Gehöft verfielen die alten Mühlengebäude völlig. Dieser Großvater starb 1901. Danach übernahm der Vater von Fritz Flöck, Johann Flöck, diese Landwirtschaft.

Fritz Flöck wußte zu berichten, daß rechts neben der Scheune ein Bienenhaus gestanden hatte, mit 30-35 Völkern. Am Eingang zum Gehöft befand sich rechts ein Kükenstall, der Anbau links neben der Scheune war ursprünglich eine Futterküche in der sich auch ein großer Backofen zum Brotbacken befand. Das Wasser wurde damals aus jenem Brunnen gezogen, der noch heute unterhalb des Hauses am Weg liegt. In heißen Sommern versiegte dieser Brunnen. Dann wurde der Ruitscher Bach in die Wiese hinein abgeleitet, die sich nahe der Brunnenanlage befand, um so den Wasserzufluß zu verbessern.

Die Familie Flöck verkaufte das Gehöft 1958 zu einem Preis von 12.000 DM.
Flöcksmühle um 1990
Von einem späteren Eigentümer erwarb 1989 Karl-Heinz Arweiler [unser Gründungsvorsitzender ‚Hai‘] diese sogenannte „Flöcksmühle“ für den Tomburger Ritterbund. Zuvor hatte das Gebäude längere Zeit leer gestanden, nachdem die Vormieter, ein Motorradclub, das Haus nach einigen unangenehmen Vorfällen aufgegeben hatten.

Nach Hai’s Rückzug ins Privatleben fehlten dem Bund die finanziellen Möglichkeiten, Haus und Grundstücke zu übernehmen.

Das Anwesen – erweitert um die inzwischen hinzugekommenen Ländereien – fand darum mit der Familie Helmut Riehl einen neuen Eigentümer [seitdem ist das Anwesen auch als „Riehl’s Hof“ bekannt, 2021 ging es an einen neuen Besitzer über].
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